September – Patent 5
EP1235135
–
Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung von verteilten digitalen
Unterschriften
- EU-Patent auf Software (Algorithmus / mathematische Formel)
- Anmeldung beim Europäischen Patentamt am 20.2.2002 durch Nippon
Telegraph and Telephone Corporation (Japan)
- Gewährt am 26.4.2006
- Prioritätsdatum: 22.2.2001 (also maximal gültig bis zum 22.2.2021)
- Kanzlei: Urquhart-Dykes & Lord LLP
- Patentschrift beim FFII/Gauss
- Patentschrift beim EPO/espacenet
Hinweise zum Lesen von Patentschriften:
- Relevant ist nicht die Anmeldung (A1), sondern die erteilte Fassung (B1, evtl. B2) der Patentschrift. Letztere ist bei espacenet.com als grafische PDF-Datei („Also published as“) abrufbar.
- Das Entscheidende sind die Ansprüche (Claims), denn hier steht, welche Handlungen durch das Patent
lizenzpflichtig werden.
- Um das Patent zu verletzen, genügt es, einen einzigen der Ansprüche zu verletzen. In der Regel ist Anspruch 1 der
entscheidende Hauptanspruch, der alle anderen Ansprüche als
Spezialfälle mit abdeckt.
- Die Beschreibung (Description) soll bei der Auslegung der Ansprüche helfen.
Gleichzeitig soll sie das Wissen um die Erfindung dokumentieren
und offenlegen. Diese Offenlegung ist der ursprüngliche Zweck des
gesamten Patentsystems.
- In der Praxis enthält eine Patentschrift keine näheren Hinweise darauf, wie der patentierte Vorgang realisiert werden kann, selbst wenn es
einem der Patentinhaber per Lizenz gestattet. Insbesondere enthält
ein Software-Patent keinen Programm-Code (Referenzimplementation),
sondern beschreibt lediglich die Idee zu einer Software.
Patentierte Idee: Aus den Prüfergebnissen für Gruppen digitaler Teilsignaturen darauf
schließen, ob (a) keine, (b) eine oder (c) zwei oder mehr der
Teilsignaturen falsch sind
Hauptanspruch: Der Hauptanspruch beschreibt in sehr umständlicher Form auf einer
vollen DIN-A4-Seite die folgenden Schritte:
- Die Teilsignaturen von 1 bis m durchnumerieren
- Gruppen aus jeweils k Signaturen bilden: 1 bis k, 2 bis k + 1, 3
bis k + 2 usw. (wenn man m überschreitet, wieder bei 1 anfangen)
- Für jede Gruppe die Signatur prüfen
- Aus den Gruppen-Prüfungsergebnisse (auf die offensichtliche Weise – siehe Alltagsparallele) darauf schließen, ob (a) keine, (b) eine
oder (c) zwei oder mehr der Teilsignaturen falsch sind
Sonstige Ansprüche:
- Ein Dokument mit einer derartigen Signatur
- Gerät (z.B. Computer mit Software), das derartige Signaturen
erzeugt und prüft
- Gerät, das Dokumente signiert
- Computerprogramm, das derartige Signaturen erzeugt und prüft
- Datenträger, auf dem sich das Computerprogramm befindet
Beschreibung: Die Patentschrift nennt zunächst – bereits existierende – Verfahren, den für eine digitale Signatur erforderlichen geheimen
Schlüssel an mehrere Standorte zu verteilen, damit bei
Kompromittierung eines Teilschlüssels nicht gleich der gesamte
Schlüssel verloren geht. Sie dokumentiert die Erkenntnis, daß das
Prüfen einer derartigen verteilten Signatur bei vielen
Teilschlüsseln überaus rechenzeitaufwendig wird, weshalb es sinnvoll
ist, dies gruppenweise (jeweils höchstens k Teilschlüssel) zu
erledigen.
Die patentierte „Erfindung“ ist ausschließlich der letzte Schritt, nämlich der Schluß aus den
Gruppensignaturen auf die Anzahl der falschen Signaturen.
Alltagsparallele: Aufgabe: 9 Gewichte („Signaturen“) sind mit dem Aufdruck „10 Gramm“ versehen. Es besteht der Verdacht, daß ein Teil der Gewichte in
Wirklichkeit zu leicht ist. Um dies herauszufinden, wiegen wir die
Gewichte auf einer besonders benutzerfreundlichen Waage, die nur „richtig“ oder „falsch“ anzeigen kann. Leider ist die Waage nicht auf 10 Gramm, sondern auf
30 Gramm geeicht. Wie finden wir heraus, ob (a) alle Gewichte
korrekt, (b) genau 1 Gewicht falsch oder (c) 2 oder mehr Gewichte
falsch sind?
Patentverletzende Lösung: Wir wiegen immer 3 Gewichte zusammen. Wenn
immer „richtig“ angezeigt wird, liegt (a) vor. Ansonsten prüfen wir, ob bei jeder „falsch“-Anzeige gerade ein bestimmtes Gewicht auflag. Falls ja, liegt (b)
vor, ansonsten (c).
Beispiele für Patentverletzung:
- In den Patentansprüchen ist nirgendwo davon die Rede, daß es
überhaupt mehr als eine Teilsignatur geben muß. Insofern verletzt
jede Software zur Prüfung digitaler Signaturen das Patent.
- Eine ansonsten zu aufwendige Rechnung gruppenweise durchzuführen
und danach mit den Gruppen weiterzurechnen, ist eine
Standard-Vorgehensweise in der Informatik. Ohne die Beschränkung
auf verteilte digitale Signaturen würden zahlreiche
wissenschaftliche Programme das Patent verletzen. Obwohl sich
dieses Patent nicht auf die verteilte digitale Signatur selbst
erstreckt, kann man daher davon ausgehen, daß jedes Programm für
verteilte digitale Signaturen es verletzt.
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