|
April – Patent 3
EP1505903
–
Verfahren und Gerät zur Anzeige eines Herzfrequenzsignals
Hinweise zum Lesen von Patentschriften:
- Relevant ist nicht die Anmeldung (A1), sondern die erteilte Fassung (B1, evtl. B2) der Patentschrift. Letztere ist bei espacenet.com als grafische PDF-Datei („Also published as“) abrufbar.
- Das Entscheidende sind die Ansprüche (Claims), denn hier steht, welche Handlungen durch das Patent
lizenzpflichtig werden.
- Um das Patent zu verletzen, genügt es, einen einzigen der Ansprüche zu verletzen. In der Regel ist Anspruch 1 der
entscheidende Hauptanspruch, der alle anderen Ansprüche als
Spezialfälle mit abdeckt.
- Die Beschreibung (Description) soll bei der Auslegung der Ansprüche helfen.
Gleichzeitig soll sie das Wissen um die Erfindung dokumentieren
und offenlegen. Diese Offenlegung ist der ursprüngliche Zweck des
gesamten Patentsystems.
- In der Praxis enthält eine Patentschrift keine näheren Hinweise darauf, wie der patentierte Vorgang realisiert werden kann, selbst wenn es
einem der Patentinhaber per Lizenz gestattet. Insbesondere enthält
ein Software-Patent keinen Programm-Code (Referenzimplementation),
sondern beschreibt lediglich die Idee zu einer Software.
Patentierte Ideen:
- Fötus-Herzfrequenzen auf dem Bildschirm darstellen und dabei eine
Vergrößerungsmöglichkeit vorsehen
- Client-Server-System zur Überwachung von Herzfrequenzen
Hauptansprüche:
- Anspruch 1: In der Darstellung der Herzfrequenzen eines Fötus
wählt der Benutzer einen Bereich aus, der dann vergrößert
dargestellt wird.
- Anspruch 25: Client-Server-Implementation einer Darstellung von
Herzfrequenzen (nicht nur von Föten) mit Vergrößerungsmöglichkeit
Sonstige Ansprüche:
- Es werden verschiedene Methoden aufgelistet, den zu vergrößernden
Bereich auszuwählen: Tastatur, Maus, touch screen, Auswahl über „Griffe“, Auswahl über transparenten Bereich usw.
- Anzeige diverser Zusatzinformationen in Textform
- Spezialfälle: Vorgabe der zeitlichen Größe der dargestellten
Ausschnitte (mindestens 1 Minute, 1 Stunde, etwa 4 Stunden, etwa 8
Stunden usw.)
- Zusätzliches Anzeigen weiterer Informationen:
Uterus-Kontraktionsmuster, mütterlicher/fötaler
Sauerstoffsättigungspegel, mütterlicher Blutdruck
- Gerät (Computer), auf dem die oben beschriebene Software läuft
- Datenträger, auf dem die oben beschriebene Software gespeichert
wird
- Netzwerklaufwerk, auf dem die oben beschriebene Software
gespeichert wird
- Medizinisches Komplettgerät, das den oben beschriebenen Computer
als Bestandteil enthält
- Client-Server-Implementation unter Miteinbeziehung des Internet
- Verwendung der oben erwähnten verschiedenen Methoden zur Auswahl
eines zu vergrößernden Bereichs in der
Client-Server-Implementation
- Zusätzliches Anzeigen weiterer Informationen (s.o.) in der
Client-Server-Implementation
- Spezialfall: Client-Server-Implementation zur Darstellung der
Herzfrequenzen eines Fötus
Beschreibung: Die „Beschreibung“ beschreibt, wie nützlich Ausschnittvergrößerungen und
Zusatzinformationen für die Diagnose sind und welche Vorteile (z.B.
Fernabruf) sich aus einer Client-Server-Implementation ergeben.
Anschließend wird grob skizziert, wie sich der Patentinhaber die
Implementation eines entsprechenden Komplettgeräts vorstellt. Dabei
wird unter anderem darauf hingewiesen, daß man die Software in einer
beliebigen Programmiersprache (z.B. C, C++, Java) schreiben kann.
Die Wortwahl suggeriert, daß jede Einschränkung der Gültigkeit des
Patents eine Einschränkung der Funktionalität des Geräts zur Folge
hätte. Wenn dies so ist, handelt es sich dabei um eine vorsätzliche
Entscheidung des Patentinhabers (und nicht des Patentamts).
Alltagsparallele:
- Darstellung mit Vergrößerung: Ein Arzt läßt sich die
Herzfrequenzen eines Fötus grafisch auf Papier ausgeben und
betrachtet sie zuerst mit bloßem Auge, danach mit einer Lupe.
- Client-Server-Implementation: Der Arzt („Server“) schickt die grafische Darstellung der Herzfrequenzen an einen
anderen Arzt („Client“) per Fax („Netzwerk“). Der andere Arzt bittet daraufhin um eine Ausschnittvergrößerung
und bekommt sie.
Beispiele für Patentverletzung:
- Die beanspruchte Methode, Frequenzsignale darzustellen, ist – nicht nur für Fötus-Herzfrequenzen – die einzig sinnvolle. Man kann davon ausgehen, daß jedes Programm
zur Darstellung von Föten-Herzsignalen Anspruch 1 verletzt.
- In Situationen, in denen es auf Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit
ankommt (z.B. in Krankenhäusern), sind
Client-Server-Implementationen überaus sinnvoll. Wer also eine
Software zur Darstellung von Herzfrequenzen anbietet, kommt an
diesem Patent nicht vorbei.
|
|