[nosoftwarepatents-award - Logo]
  -----------------------------------  

Juli – Patent 5

EP0256753 Verfahren und Gerät zur Verhinderung des Kopierens eines Video-Programms
  • EU-Patent auf ein logisches Verfahren (Algorithmus)
  • Anmeldung beim Europäischen Patentamt am 4.8.1987 durch Macrovision Corporation (USA)
  • Gewährt am 28.8.1996
  • Prioritätsdatum: 11.8.1986 (also maximal gültig bis zum 11.8.2006)
  • Kanzlei: W. H. Beck, Greener & Co
  • Einspruch eingelegt am 24.6.1994 durch Philips Electronics N. V. (Niederlande) wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nach Artikel 52(1) und 56 EPÜ
  • Ergebnis des Einspruchs: Modifikation des Patents am 19.7.1996
  • Patentschrift beim FFII/Gauss
  • Patentschrift beim EPO/espacenet
  • Akteneinsicht beim EPO/epoline
Hinweise zum Lesen von Patentschriften:
  • Relevant ist nicht die Anmeldung (A1), sondern die erteilte Fassung (B1, evtl. B2) der Patentschrift. Letztere ist bei espacenet.com als grafische PDF-Datei („Also published as“) abrufbar.
  • Das Entscheidende sind die Ansprüche (Claims), denn hier steht, welche Handlungen durch das Patent lizenzpflichtig werden.
  • Um das Patent zu verletzen, genügt es, einen einzigen der Ansprüche zu verletzen. In der Regel ist Anspruch 1 der entscheidende Hauptanspruch, der alle anderen Ansprüche als Spezialfälle mit abdeckt.
  • Die Beschreibung (Description) soll bei der Auslegung der Ansprüche helfen. Gleichzeitig soll sie das Wissen um die Erfindung dokumentieren und offenlegen. Diese Offenlegung ist der ursprüngliche Zweck des gesamten Patentsystems.
  • In der Praxis enthält eine Patentschrift keine näheren Hinweise darauf, wie der patentierte Vorgang realisiert werden kann, selbst wenn es einem der Patentinhaber per Lizenz gestattet. Insbesondere enthält ein Software-Patent keinen Programm-Code (Referenzimplementation), sondern beschreibt lediglich die Idee zu einer Software.

Patentierte Idee: Ein Videorekorder erkennt im ausgestrahlten Fernsehprogramm Signale, die ein Kopieren verhindern sollen, und reagiert darauf, indem er die Aufzeichnung verweigert.

Hauptanspruch: Ein Videorekorder reagiert auf das Vorhandensein eines zusätzlichen Pseudosynchronisationspulses nach dem eigentlichen Synchronisationsimpuls, indem er die Aufzeichnung des Fernsehprogramms verweigert.

Die Formulierung der Ansprüche enthält zahlreiche technisch anmutende Begriffe wie „Wellenform“ oder „Synchronisationsspitzenpegel“. Die Innovation hat jedoch nichts mit der Anwendung physikalischer Erkenntnisse über elektromagnetische Wellen zu tun, sondern besteht aus der rein logischen Verknüpfung „Wenn das Signal vorliegt, dann verweigere die Aufzeichnung“. Unabhängig davon, ob die Realisation durch ein Computerprogramm oder durch Hardware-Schaltkreise erfolgt, handelt es sich also hier um ein Logik- bzw. Software-Patent.

In der ursprünglichen Fassung des Patents war ganz allgemein von einer hinzugefügten „Wellenform“ die Rede. Die Spezialisierung auf einen Pseudosynchronisationspuls war ursprünglich ein separater Anspruch und wurde als Reaktion auf den Einspruch in den Hauptanspruch integriert.

Sonstige Ansprüche:

  • Unterscheidung des Pseudosynchronisationspulses von einem richtigen Synchronisationspuls durch einen unmittelbar folgenden positiven Puls anderer Amplitude
  • Mehrere Pseudosynchronisationspulse; Erzeugen eines Signals (z.B. einer Spannung) in Abhängigkeit von deren Frequenz, evtl. für ein gewisses Zeitintervall (z.B. für eine Bildzeile oder -feld)
  • Die Aufzeichnung nicht verweigern, wenn keine Pseudosynchronisationspulse vorhanden sind
  • Videorekorder, der die patentierte Logik realisiert

Beschreibung: Die Patentschrift dokumentiert die Erkenntnis, daß rein senderseitige Verfahren, Fernsehprogramme in einer Weise auszustrahlen, die zwar das Anschauen, nicht jedoch das Aufzeichnen mit einem Videorekorder ermöglichen, nicht funktionieren (aber nichtsdestoweniger patentiert wurden), und daß sich dieses Problem dadurch lösen läßt, daß der Videorekorder die Aufzeichnung verweigert, sobald er das Vorhandensein des „Kopierschutzes“ bemerkt.

Alltagsparallele: Ein Musikliebhaber („Videorekorder“) möchte von einer wertvollen Original-CD („Fernsehprogramm“) eine Privatkopie auf Musikkassette anfertigen, um diese unterwegs im Auto hören zu können. Da sieht er einen Aufdruck („Signal“): „Diese CD ist kopiergeschützt.“ Eine analoge Kopie auf Musikkassette ist natürlich trotzdem problemlos möglich.

  • Wenn der Musikliebhaber die Privatkopie trotzdem anfertigt, verletzt er das reformierte deutsche Urheberrecht von 2003, das zwar keine Privatkopien verbietet, wohl hingegen das Umgehen von Kopierschutzmechanismen.
  • Wenn der Musikliebhaber nach dem Lesen des Aufdrucks auf seine Privatkopie verzichtet, verletzt er das Patent.

Beispiel für Patentverletzung: Die Markierung durch einen Pseudosynchronisationspuls wurde ursprünglich dazu entwickelt, ganz normale, also unpräparierte Videorekorder zu verwirren. Wenn nun ein standardkonformer Videorekorder auf den Pseudosynchronisationspuls hereinfällt und daraufhin die Aufzeichnung des – nicht standardkonform gesendeten – Fernsehprogramms verweigert, verletzt er das Patent.

> Voriges Patent Zurück zum Abstimmungsergebnis  

nosoftwarepatents-award