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Juli – Patent 1

EP1157318 Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung einer Bodennäherungswarnung und Computerprogramm zum kontrollierten Verändern der Basisbreite einer Alarmhülle
  • EU-Patent auf Software (Algorithmus)
  • Anmeldung beim Europäischen Patentamt am 1.2.2000 durch Honeywell International Inc. (USA)
  • Gewährt am 21.5.2003
  • Kanzlei: Gill Jennings & Every
  • Einspruch eingelegt am 17.2.2004 durch Thales S.A. (Frankreich) wegen mangelnder Patentierbarkeit nach Artikel 52 bis 57 EPÜ sowie Unvollständigkeit und unzureichender Klarheit der Beschreibung
  • Einspruch zurückgezogen am 9.8.2004
  • Prioritätsdatum: 1.2.1999 (also maximal gültig bis zum 1.2.2019)
  • Patentschrift beim FFII/Gauss
  • Patentschrift beim EPO/espacenet
  • Akteneinsicht beim EPO/epoline
Hinweise zum Lesen von Patentschriften:
  • Relevant ist nicht die Anmeldung (A1), sondern die erteilte Fassung (B1, evtl. B2) der Patentschrift. Letztere ist bei espacenet.com als grafische PDF-Datei („Also published as“) abrufbar.
  • Das Entscheidende sind die Ansprüche (Claims), denn hier steht, welche Handlungen durch das Patent lizenzpflichtig werden.
  • Um das Patent zu verletzen, genügt es, einen einzigen der Ansprüche zu verletzen. In der Regel ist Anspruch 1 der entscheidende Hauptanspruch, der alle anderen Ansprüche als Spezialfälle mit abdeckt.
  • Die Beschreibung (Description) soll bei der Auslegung der Ansprüche helfen. Gleichzeitig soll sie das Wissen um die Erfindung dokumentieren und offenlegen. Diese Offenlegung ist der ursprüngliche Zweck des gesamten Patentsystems.
  • In der Praxis enthält eine Patentschrift keine näheren Hinweise darauf, wie der patentierte Vorgang realisiert werden kann, selbst wenn es einem der Patentinhaber per Lizenz gestattet. Insbesondere enthält ein Software-Patent keinen Programm-Code (Referenzimplementation), sondern beschreibt lediglich die Idee zu einer Software.

Patentierte Idee: Berücksichtigung der Meßgenauigkeit in einem Bodenabstands-Warnsystem für Flugzeuge

Hauptanspruch (Anspruch 6): Anpassung des Bereichs („Basisbreite der Hüllkurve“), innerhalb dessen Alarm ausgelöst wird, an die Art der Navigationsausrüstung, die die Position des Flugzeugs ermittelt

Sonstige Ansprüche:

  • Zusätzliche Anpassung bei Annäherung an eine Landebahn
  • Spezialfall: Größere Basisbreite bei Verwendung eines Flugleitsystems und kleinere bei Verwendung von GPS
  • Begrenzung der Basisbreite auf einen Höchstwert bei Verwendung von GPS
  • Zusätzliche Anpassung an die Genauigkeit, mit der das Gelände bekannt ist
  • Bodenabstands-Warnsystem, das das patentierte Verfahren realisiert (Anspruch 1–5)

(In der deutschen Fassung von Anspruch 1 ist im Gegensatz zur englischen von einer unterschiedlichen Anordnung des Prozessors in Abhängigkeit von der Art der Navigationsausrüstung die Rede. Da dies keinen Sinn ergibt, handelt es sich hier offensichtlich um einen Übersetzungsfehler.)

Beschreibung: Die Patentschrift dokumentiert die Erkenntnis, daß es für ein Bodenabstands-Warnsystem sinnvoll ist, die Messgenauigkeit des Navigationssystems zu berücksichtigen, weil es sonst zu häufigen Fehlalarmen käme, wodurch die Aufmerksamkeit des Flugzeugpersonals gegenüber dem Alarm nachließe.

Sie dokumentiert weiterhin, daß eine Anpassung des Alarm-Bereichs an die Flugsituation (normaler Flug bzw. Landung) bereits Stand der Technik ist. Patentiert wird die Idee, zusätzlich eine Anpassung an die Genauigkeit vorzunehmen, mit der die Position des Flugzeuges bekannt ist.

Alltagsparallele: In einer Querfeldein-Autofahrt mit GPS-Navigation weist der Fahrer seinen Beifahrer an, ihn zu warnen, sobald sie mehr als 20m vom Kurs abweichen, was zunächst gut funktioniert. Nach einer Weile gerät das Fahrzeug in ein Gebiet mit schlechtem GPS-Empfang, und der Beifahrer warnt fortwährend: „Jetzt sind wir 50m zu weit rechts. Und jetzt sind wir 30m zu weit links. Und jetzt sind wir 40m zu weit rechts. Und jetzt ...“ Daraufhin der Fahrer: „Okay, warne mich bitte nur noch dann, wenn wir mehr als 100m vom Kurs abweichen.“

Beispiele für Patentverletzung: Bodenabstands-Warnsysteme – sowohl in echten Flugzeugen als auch in realitätsnaher Simulator-Software

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