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Prof. Dr. Joachim Henkel kommentiert die Wahl des Patentes EP1437835 zum „Softwarepatent des Monats April“

Prof. Dr. Joachim Henkel ist Lehrstuhlinhaber des Dr. Schöller-Stiftungslehrstuhles für Technologie- und Innovationsmanagement:

„Patente haben aus ökonomischer Sicht zwei Funktionen. Erstens sollen für potentielle Innovatoren Anreize geschaffen werden, in die Entwicklung der Innovation zu investieren. Zweitens soll durch die Offenlegung in der Patentschrift die Verbreitung der Erfindung gefördert werden, so dass sie nach Ablauf der Schutzfrist allgemein genutzt werden kann – ein Effekt, der allerdings heutzutage nur selten eine Rolle spielt, insbesondere nicht bei Software.

Diesen möglichen positiven Effekten stehen negative Effekte gegenüber. Zum einen wird die Nutzung der Erfindung während der Schutzfrist eingeschränkt, zum Schaden der Verbraucher und der Wirtschaft insgesamt. Zum anderen werden nachfolgende Erfinder und damit der technische Fortschritt behindert. Wenn die negativen Effekte überwiegen, ist das Patent schädlich für die Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt.

Wie ist der Gesamteffekt beim Patent EP1437835 – “Verfahren zur Einsparung von Speicherplatz für eine Folge numerischer Werte„? Eines Anreizes für die Erfindung bedurfte es hier nicht, da die vermeintliche Erfindung allem Anschein nach trivial ist. Es fehlt ein erkennbarer erfinderischer Schritt, und Investitionen hat diese “Erfindung„ sicherlich nicht erfordert. Auch eine Verbreitung der “Erfindung„ muss nicht gefördert werden, da sie mühelos von jedermann durchgeführt werden kann. Zudem ist nicht erkennbar, dass sie über den Stand der Technik hinausgeht.

Keine positiven Effekte also. Allerdings können negative Effekte auftreten. Wettbewerber werden von der Nutzung einer offensichtlichen Technologie abgehalten oder müssen dafür Lizenzgebühren entrichten. Die Folge sind geringerer Wettbewerb, höhere Preise für Konsumenten, Rechtsunsicherheit und Aufwand für Rechtsstreitigkeiten. Es kommt zudem zu einem “Rüstungswettlauf„ mit immer mehr Patenten: Ingenieure patentieren, anstatt zu erfinden.

Entgegen einer verbreiteten Ansicht ist “mehr Patente„ durchaus nicht synonym mit “mehr Innovation„. Gerade in so genannten “komplexen„ Technologien wie Software, in denen jedes Produkt in denen jedes Produkt aus vielen einzelnen Entwicklungen besteht, können Patente eine innovationshemmende Wirkung haben. In solchen Technologiefeldern sollten Patente daher - wenn überhaupt - nur besonders zurückhaltend erteilt werden. In keinem Fall jedoch dürfen Patente erteilt werden, wenn die Erfindung eine zu geringe Erfindungshöhe aufweist oder gar schon zum Stand der Technik gehört.

In diesem Sinne formuliert der Report des “Committee for Economic Development„ vom April 2006: “Any legislation or regulation regarding intellectual property rights [should be] weighed with a presumption against the granting of new rights ... because of the benefits to society of further innovation through greater access to technology„.“

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