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Kommentar von Dipl.-Ing. Michael Wolf zur Wahl des Patentes EP1437835 von Techem zum „Softwarepatent des Monats April“

Patentanwalt Michael Wolf ist Mitinhaber einer Sozietät in Hanau.

„Das europäische Patent EP143 835 B1, gegen das noch bis zum 28. September 2006 Einspruch eingelegt werden kann, betrifft die Einsparung von Speicherplatz für Messwerte bei einem Verbrauchserfassungsgerät. Zur Einsparung des Speicherplatzes werden die Messwerte mit Hilfe einer mathematischen Transformation in numerische Werte umgesetzt, wobei der für die Speicherung dieser errechneten Werte erforderliche Speicherplatz kleiner als der für die ursprünglichen Messwerte ist.

Da sich durch die Lehre des Patents offenbar Speicherplatz einsparen läßt, was man auch als technischen Effekt bezeichnen könnte (wenn man dies will), liegt die Erteilung des Patents durchaus im Rahmen der derzeitigen Rechtsprechung des Europäischen Patentamts.

Zur Realisierung der patentgemäßen Lehre ist lediglich eine Änderung der Software eines an sich bekannten Verbrauchserfassungsgerätes erforderlich, was dem Gerät von außen nicht anzusehen ist; aber dies wird sich gegebenenfalls mehr als ein Problem der Patentinhaberin bei der Durchsetzung ihres Schutzrechts herausstellen.

Wahrhaft problematisch ist vielmehr, dass Dritte jedenfalls wegen des Schutzbereichs des Patents verunsichert sein könnten: Da der Kern der patentgemäßen Lehre die mathematische Transformation betrifft, könnte man, auch wegen der entsprechend komplexen Beschreibung des Patents, annehmen, diese sei geschützt. Da die unabhängigen Patentansprüche 1 und 13, die den Schutzbereich definieren, aber eindeutig auf ein Verbrauchserfassungsgerät abgestellt sind, muss angenommen werden, dass die mathematische Transformation als solche [und sie ist gemäß A. 52 (2) a) EPÜ ohnehin vom Patentschutz ausgeschlossen] auf einem anderen Gebiet der Technik ohne Weiteres frei verwendet werden darf, sofern auf diesem anderen Gebiet nicht auch ein entsprechendes Patent existiert.

Die patentgemäße mathematische Transformation, die nach Auffassung des Verfassers sicherlich im Rahmen des fachmännischen Könnens eines Diplom-Informatikers liegt, ist somit vom europäischen Patentamt im Zusammenhang mit einem Verbrauchserfassungsgerät für patentfähig erachtet worden. Wieder einmal ist offensichtlich zur Abgrenzung gegenüber einer so genannten reinen “Software-Erfindung„ ein technischer Effekt (wenn man die Anwendung mathematischer Methoden bei an sich bekannten Geräten so nennen will) zur Begründung der Patentfähigkeit herangezogen worden.

Diese Patentierungspraxis ist wegen der nach wie vor nicht wirklich gefundenen scharfen Abgrenzung zwischen “Software als solche„ [Programme für Datenverarbeitungsanlagen, siehe A. 52 (2) c) EPÜ] und einer technischen Erfindung, die eventuell auch Software nutzt, damit auch aus Sicht des Verfassers jedenfalls nicht unproblematisch. Unabhängig von wirtschaftlichen Interessen sollte es das gemeinsame Ziel sowohl der Erteilungsbehörden und entsprechender Interessengruppen als auch der Gegner so genannter “Software-Patente„ sein, noch klarer und eindeutiger als bisher die Grenzen der Patentierbarkeit zu definieren. Nur weil dies offenkundig nicht einfach bzw. sogar sehr schwierig ist (siehe EU-Richtlinienverfahren zu computerimplementierten Erfindungen), sollte es im Umkehrschluss nicht zu einer Aushöhlung der nach Auffassung des Verfassers durchaus sinnvollen Schutzausschließungsklausel gemäß A. 52 (2) a) und c) EPÜ kommen“.

Dipl.-Ing. Michael Wolf (Patentanwalt)

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